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Autor
Marcus HeldHi,
Beim Team einer meiner Kunden habe ich den Spitznamen “Revolver-Held” bekommen.
Weil ich so schnell schieße.
Den Ruf bekam ich relativ schnell vom Team. Zu dem Zeitpunkt war er durchaus despektierlich gemeint.
Das Team war mein Tempo nicht gewohnt.
Es hatte es sich gemütlich gemacht. Die Software ist seit mehr als 10 Jahren in Entwicklung. Und über die Zeit haben sich hohe technische Schulden angesammelt. Das war ein schleichender Prozess.
Aber durch diese Schuld wurde es immer schwerer und schwerer die Software zu releasen und neue Features zu entwickeln.
Als ich beauftragt wurde, lag der letzte Release fast 1,5 Jahre zurück. Ein Zustand den ich ändern sollte.
Um das zu schaffen musste ich viele Entscheidungen treffen, die sich das Team zuvor nicht getraut hat.
Die Scope der offenen Aufgaben musste radikal gekürzt werden. Ich musste entscheiden, dass Testumgebungen, die unter anderem von Stakeholdern genutzt werden, zeitweise offline gehen oder vorübergehend fehlerhaft bleiben. Es war notwendig, damit wir mit der Entwicklung voranschreiten und endlich den Fuß durch die Tür kriegen.
Es erforderte Mut. Das Team konnte diesen vorher nicht aufbringen.
In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch haben wir es endlich geschafft.
Nach einem zuvor gescheiterten Release war die Software endlich live. Es hat uns 5 Stunden gekostet. Um 22 Uhr ging die Wartungsseite live. Um 3 Uhr morgens war die Software online. Es war ein Kraftakt.
Ich werde immer noch als “Revolver-Held” bezeichnet. Aber der Spitzname bedeutet heute etwas anderes. Er steht für Mut.
Der Scrummaster im Team, der mir den Namen auch verliehen hat, hielt vor Kurzem einen Vortrag über die Werte von Scrum. Dabei sprach er darüber, dass Mut einer dieser Werte ist. Und er nannte mich als Beispiel. In diesem Moment war ich wirklich glücklich. Es hat mich gefreut, dass die anstrengende Zeit, die meine Entscheidungen mit sich brachten, heute Wertschätzung findet. Es wird anerkannt, wie ich vorgegangen bin.
In der Softwareentwicklung brauchst du Mut.
Wenn du dich für jede Änderung am System absicherst verlierst du dich in Diskussionen. Du gibst immer die Verantwortung ab. Und dann muss dein Chef etwas entscheiden, worüber er nicht den ganzen Kontext hat.
Trau dich. Sei mutig. Wenn du glaubst, dass etwas richtig ist, dann mach es. Natürlich wirst du dich irren. Aber nur, weil du zum Zeitpunkt deiner Entscheidung etwas noch nichts wusstest. Aus diesem Fehler wirst du lernen.
Der einzige Weg in der Entwicklung ist: nach vorne!
Rule the Backend,
~ Marcus